Eigentlich
begann alles damit, dass ich einen schweren Motorradunfall hatte und monatelang auf
Krücken angewiesen war.
Damals verlies mich mein Lebensgefährte mit dem ich bis dahin einen Autohandel betrieb.
Das er ging war nicht so schlimm, er hatte sich in den Monaten nach meinem Unfall sehr
schofel verhalten und ich war im Grunde ganz froh darüber, als er mit Sack und Pack aus
meiner Wohnung verschwand und zu einer Neuen zog. Leider war mit ihm aber auch meine
Arbeit weg.
Als ich wieder einigermaßen auf meinen Beinen stehen konnte überredeten mich mein Onkel
und meine Tante für 3 Monate mit ihnen in die Türkei zu fahren. Da ich nichts Besseres
zu tun hatte, fuhr ich mit.
So lernte ich in Antalya Kaptan Ali kennen. Er war der Besitzer eines Campingplatzes und
des dazugehörigen Restaurants.
Ali erzählte mit gleich am ersten Abend, dass er frisch von seiner ungeliebten Frau
geschieden sei. Bevor er sich sein kleines Paradies in Antalya geschaffen hat, arbeitete
er beinahe 25 Jahre auf einem Passagierschiff, zuletzt als Kapitän. Dieser Mann, knapp
180 groß mit strahlend blauen Augen, verliebte sich fürchterlich in mich und wollte mich
sofort heiraten.
Ich fuhr
wieder nachhause denn ich hatte bis dahin noch nie einen Gedanken daran verschwendet, mein
geliebtes Deutschland zu verlassen und mich im irgendwo im Ausland niederzulassen. Doch
Ali war sehr hartnäckig. Er rief täglich bei mir an. An manchen Tagen zwei oder auch
dreimal. Ich flog noch ein paar Mal zu ihm, doch ans Auswandern dachte ich immer noch
nicht. Ich kann heute auch nicht mehr sagen, ob ich mich mehr in Ali oder in Antalya und
den Campingplatz verliebt hatte.
Jedenfalls musste ich ca. 1Jahr später mein Enkelchen zu mir nehmen (meine Tochter hatte
mich mit 36 Jahren zur Oma gemacht). Nun war es sehr schwer, das völlig verstörte Kind
(2) zu versorgen und nebenbei meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Und eines Tages nahm ich Alis Angebot, seinen Platz und sein Restaurant in Antalya als
gleichberechtigter Partner zu übernehmen, an. Mit meinem kleinen René flog ich nach
Antalya zu Ali. Ich sprach damals kein Wort türkisch und Ali nicht deutsch.
Schon bei
der Übernahme des Restaurants machte Alis Sohn solche Schwierigkeiten, dass Ali vor
Aufregung ohnmächtig umfiel und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Nach anfänglichen Problemen schaffte ich es, das Geschäft aus den roten Zahlen zu
bringen. Die Umsätze konnten sich sehen lassen. Was Ali mir nicht gesagt hatte war, dass
er noch gar nicht geschieden war. Und seine Frau kam regelmäßig zu uns zu besuch und
verbrachte ihren monatelangen Urlaub bei uns. Meistens mit vielen Freunden, die alle
umsonst wohnten und umsonst verköstigt werden mussten. Ali selbst hatte natürlich auch
sehr viele gute Freunde. Und es war völlig in Ordnung, dass sie niemals auch nur eine
Restaurantrechnung bezahlten.
Für ihn war nur wichtig, dass er am Abend soviel Geld aus der Kasse nehmen konnte, wie er
am nächsten Tag brauchte um dafür Schrott zu kaufen, den er überall auf dem Platz
sammelte. Ob die Stromrechnungen oder die Steuer bezahlt werden konnte, dass interessierte
ihn nicht. Mit meinem lautstarken Geschrei schaffte ich es, dass sich wenigstens seine
Familie nicht mehr einmischte in das Geschäft. Aber kaum war dieses Problem einigermaßen
gelöst, tauchte das Nächste auf: Die Mafia
Und da Ali fürchterlich feige war, durfte ich mich damit herumschlagen. Alis Hilfe für
das Restaurant bestand darin, dass er die weiblichen Gäste schamlos anmachte und das
Personal sinnlos herumscheuchte.
Hatte ich ein gutes Abendprogramm auf die Beine gestellt, kam Ali und lieh sich mal die
Bauchtänzerin für einen Freund aus. Das Mädchen musste für ein paar Betrunkene auf
einer Yacht tanzen. Das sein Restaurant voll besetzt war und die Gäste auf den Auftritt
der Dame warteten, war für ihn unwichtig. Verdiente er doch an der Bauchtänzerin
mindestens 10 Mark Und ich musste mich nach einer neuen Tänzerin umschauen. Denn noch
einmal kam dieses Mädchen nicht mehr.
Alles was
ich in monatelanger Arbeit aufbaute machte Ali innerhalb von ein paar Tagen zunichte.
Und ich fing immer wieder von vorne an. Immer und immer wieder.
Da Ali täglich für die unsinnigsten Dinge Geld aus der Kasse nahm, mit dem eigentlich
Rechnungen bezahlt werden mussten und seine zahlreichen Freunde niemals zahlten, musste
ich mit meinem Geld aushelfen. Es wurde zwar in die Geschäftsbücher peinlich genau
eingetragen, wie viel mir das Geschäft schuldete, doch selten blieb soviel übrig, dass
ich es wieder herausnehmen hätte können.
Besonders im Winter lebte das gesamte Personal ausschließlich auf meine Kosten. Und im
Sommer tauchten ständig irgendwelche Schulden auf, die noch aus der Zeit stammten als Ali
mit seinem Sohn das Geschäft führte. Wenn ich sie nicht bezahlt hätte, dann wäre der
ganze Betrieb geschlossen worden.
Mein
kleiner Enkel René entwickelte sich jedoch zu einem herrlichen Kerlchen. Auch Ali war
ganz vernarrt in ihn. Das war einer der Gründe, weshalb ich nicht aufgab und nach
Deutschland zurückkehrte.
Doch dann wurde ich krank. Körperlich und seelisch. Ich nahm 20 kg ab und war so
deprimiert, das mir alles völlig egal geworden war. Ich hatte keinen Pfennig Geld und sah
auch keinen Weg, wieder welches zu verdienen.Inzwischen wäre ich gerne nach Deutschland
gegangen, doch wie? Ich hatte aufgehört zu kämpfen. Überlies Ali das Geschäft. Es
interessierte mich nicht mehr. Überwiegend saß ich vor meinem Fernseher.
So fand mich dann ein Freund. Mit seiner Hilfe fing ich wieder an, wenigstens um mein
eigenes Geld zu kämpfen. Inzwischen waren gut und gerne 50 000Mark von mir in Alis
Geschäft gesteckt worden. Wäre dieser Freund nicht aufgetaucht, ich glaube ich wäre in
Antalya gestorben. Mit ihm kam auch wieder die Liebe in mein Leben. Und diese Liebe gab
mir meinen Kampfgeist zurück. Ich ging zum Anwalt. Er meinte, die Sachlage wäre
eindeutig und Ali müsse das Geld an mich bezahlen. Nur
Ali hatte kein Geld.
Also
einigte ich mich mit Ali, dass die Einnahmen des gesamten Geschäfts ausschließlich an
mich gingen. Zähneknirschend unterschrieb er den Vertrag. Nun konnte ich schalten
und walten wie ich wollte und Ali durfte sich weder einmischen, noch Geld aus der Kasse
nehmen.
Nach ein paar Tagen hatte ich wieder ein volles Haus und das Geschäft lief. Doch lange
dauerte meine Freude nicht an. Diesmal machte nicht Ali alles kaputt, sondern das
schreckliche Erdbeben in Istanbul. Das furchtbare Leid das damals über die armen Menschen
kam ließ mich meine läppischen Geldsorgen vergessen. Ich war überglücklich, dass mein
René gesund war, nahm ihn, die paar Tausend Mark die ich dann wieder hatte und kehrte
nach Deutschland zurück.
Wenn sie
mehr über mein Leben mit Ali erfahren wollen, dann können sie dieses auf meiner HP
www.antalya-07.de lesen.
Liebe
Grüße Roswitha